DIGITALISIERUNG UND … W e r t h a l t i g k e i t
DIGITALISIERUNGS-RENTABILITÄT: ZIELE UND ÜBERRASCHUNGEN
Nicht in den IT-Themen liegt oft die grösste Knacknuss für unsere Digitalisierungsziele
von Christian Bachmann, Managing Partner, CreValon AG, Basel
«Im Nachhinein hätten wir viel früher unsere Digitalisierung zur Chefsache machen sollen.
Mit realistischerem Budget ausgestattet.
Auf wenigere Initiativen fokussiert.
Dafür aber alle Bereiche mit in die Verantwortung genommen.
Und mit noch höherem Anspruchsniveau an den Geschäftsnutzen, der in Folge der Digitalisierung messbar zu liefern ist».
Betriebsleiter einer Fertigungsdivision, Rückblick auf die Pilotierung «Digitalisierung Fertigungsstrasse Reparatur», Dezember 2021.
WAS GENAU BRINGT UNS dieses Vorhaben zur Digitalisierung? Die meisten Unternehmen arbeiten schon seit längerer Zeit an ihrer Digitalisierung. Haben vielfältige Erfahrungen darin gesammelt. In verschiedenen Dimensionen und Reifegraden. Meist zunächst losgetreten als Exploration an verschiedenen Stellen, quer über das Unternehmen verstreut. Mit findigen Fachleuten am Steuerrad wissbegieriger Teams. Engagierte KollegInnen, die sich trauen, etwas zu experimentieren, was bisher nicht ging aber ganz wertvoll wäre. Danach, auf einem höheren Grad, an Modellen und Studien detailliert. Mit einer Vielfalt attraktiver Potentiale vor Augen. Weiter konkretisiert anhand von Piloten und Konzeptnachweisen. Spätestens dann nehmen auch die Reibungsflächen der Digitalisierung im Unternehmen klare Konturen an. Auch mit Blick nach extern, an den Schnittstellen zum eigenen Business-Ökosystem: Partner, Lieferanten, Rahmenbedingungen, bestehende Anlagen, Systeme, Ressourcen etc.
Zur ganz grossen Nagelprobe wird dann eines: der Nachweis von Skalierbarkeit. Hierfür ist meist erst noch ein robuster Rahmen zu schaffen. Viel Grundlagenarbeit und Knacknüsse, lautet dann die oft Augen öffnende Erkenntnis. Dies schärft auch die Anforderungen an Vernetzung und Konsistenz, an Integration und Kulturwandel. Einher mit dem tatsächlichen Kosten- und Investitionsaufkommen fürs Digitalisierungsvorhaben. Mit den nötigen Reviews und Sprints, der Anpassung von Zeitplänen und Qualitätskriterien, von benötigten Ressourcen und Risikobewertungen.
Jedem ist klar: Daten sammeln und auswerten allein ist nicht werthaltig. Neue datenbasierte Erkenntnisse erfordern auch entsprechende Entscheidungen. Selbst das allein ist noch nicht werthaltig. Diese um neue, datengestützte Erkenntnisse aufgerüsteten Entscheidungen müssen auch wirksam umsetzbar sein. Vor allem sollten sie sich «unterm Strich» rechnen.
Hierzu das Fazit eines integrierten Fertigungsbetriebs: «Wir haben viel mit Digitalisierung experimentiert und gelernt. Wo wir uns jedoch am meisten verschätzt haben, war das, was es braucht, damit eine funktionierende Digitalisierung überhaupt möglich ist. Das griff am Ende viel weiter und tiefer, als wir zunächst angenommen hatten. Die Systemanforderungen und IT-Fragen schienen dagegen eher leichter lösbar zu sein als der ganze Rest». Was genau aber ist mit diesen Rahmenbedingungen gemeint? Und was ist zu berücksichtigen, damit eine Digitalisierungsinitiative wirklich werthaltig ist?
Datenbasierte Evidenz ist ein lernender Prozess und als solcher zunächst einmal auch selbst fehlerbehaftet. Sie deckt nur einen Teil der entscheidungsrelevanten Kriterien ab. Nicht nur im Aufbau eines digitalisierten Geschäftsmodells steckt viel Arbeit. Der Schlüssel steckt in seiner laufenden Weiterentwicklung. Rechenmodelle und darin eingebettete Funktionen für den Grenznutzen sind an die reale Dynamik von Kundenbedürfnissen und Märkten zu koppeln. An Sonderereignisse wie z.B. Ausfälle in der Lieferkette oder alternativ verfügbare Partner; an vertragliche und rechtliche Einschränkungen; an die Anpassungsfähigkeit der Schnittstellen zwischen Mensch und Maschine quer durchs Betriebsmodell.
Dies verlagert Entscheidungen hin direkt zu den fachlichen Experten, die auch das entsprechende Wissen haben. Erfordert aber auch neue Ansätze in der Führungskultur. Wofür genau sind Linienvorgesetzte in solchen Geschäftsmodellen noch verantwortlich und wofür nicht? Wer stellt sicher, dass das angestrebte Ergebnis tatsächlich auch erzielt wird. Dies kann neue Organisationsformen erforderlich machen. Ganze frühere Hierarchieebenen könnten in der bisherigen Form womöglich gar nicht mehr erforderlich sein.
Datenangereicherte Entscheidungen erfordern angepasste interne und externe Prozesse. Darin eingebettet auch konsistent aufeinander abgestimmte neue Rollen, Regeln und Systemunterstützung. Mitarbeiter, die dazu ausgebildet und befähigt sind. Aber auch entscheidungsbefugt und motiviert. Leistungsvorgaben sind hier neu zu definieren. Vergütungen sind an neuen Bemessungskriterien zu kalibrieren. Neue Karrierewege aufzusetzen, Nachfolgeregelungen in Stellung zu bringen, die Rekrutierungspipeline an den neuen Talentanforderungen auszurichten. Haben wir überhaupt Leute mit solchen Kompetenzen: in der Geschäftsführung? im mittleren Management? Was ist nötig und wie lange dauert es, um solche Typen und Profile an Bord zu holen. Sind wir bereits aktiv daran und haben wir den Vorlauf bis zum Onboarding realistisch eingeschätzt?
Die treibende Frage von alledem ist: Inwieweit profitiert der Kunde von unseren Investitionen in Datenintelligenz und damit angereicherte Systeme, Prozesse und Organisationen? Welche neuen Kunden können wir akquirieren, welche Bedürfnisse bestehender Kunden können wir dadurch besser adressieren? Und, schlussendlich, nach Abzug der nötigen Kosten und Investitionen: Wie werthaltig ist unsere Digitalisierungsstrategie für unser Unternehmen?
Der Autor, Christian Bachmann, befasst sich seit 20 Jahren mit dem Design und der Umsetzung werthaltiger Business Transformation im Unternehmen.
Seine Kunden sind erfolgreiche Unternehmen aus Mittelstand, Konzern, Bundesumfeld oder Private Equity. Sie kennen ihr Kerngeschäft aus dem FF.
Um sich aber in Zeiten des Wandels neu aufzustellen, mit praxiserprobtem Vorgehen und ohne Präjudiz – dafür holen sie ihn als soliden Partner mit ins Boot.
Investitionen in Digitalisierung sind en vogue. Sie werden mitunter von der Unternehmensleitung als «alternativloser» Entwicklungsschritt durchgewunken. Damit allein bringt man sein Unternehmen noch nicht als glänzenden Innovationsführer in Stellung. Auch für Digitalisierungsprogramme empfiehlt sich eine Ausgestaltung in nüchterner Abwägung von Kosten und Nutzen. Mit dem Ziel, bereits im frühen Projektstadium die Tragweite und Tiefenwirkung der hierzu erforderlichen Veränderungen zu bewerten. Das war zuvor gemeint mit den «realistischen Rahmenbedingungen» und wird nachfolgend kurz weiter ausgeführt.
Viele Unternehmen haben bei Digitalisierungsvorhaben ihr Lehrgeld gezahlt. Durch ausufernde Erweiterungen des Anpassungsbedarfs (im Unternehmen, aber auch an den Schnittstellen zu entscheidenden Partnern). Oder, im Verlauf der Umsetzungswellen, durch Überforderung ihrer Organisation und Ressourcenengpässe. Zunehmende Unschärfe und Abhandenkommen des nötigen Steuerungsdurchgriffs auf die eigentlich anvisierten Business Ziele. Manchmal mit der Folge einer mageren Nutzenrealisierung, unterm Strich.
Schlussendlich sollten sich die Vorteile der Digitalisierung messbar erfassen lassen. Bestenfalls an einer verbesserten Kundenattraktivität und Wettbewerbspositionierung des Wertangebots des Unternehmens: gesteigerte Kundenzufriedenheit, Akquise von neuen Kunden oder neuem Geschäft, Kostenreduktion, Profitabilitätssteigerung.
Es liegt in der Natur von Hype-Themen, dass sie auf hoch bevorschusste Versprechen gründen. So nimmt es nicht Wunder, dass bei einzelnen Unternehmen bereits signifikante Millionenbeträge in Digitalisierung investiert wurden, ohne eine darauf abgegrenzte Nutzenbetrachtung nachzuführen. Selbst bei Unternehmen mit notorisch hoher Haushaltsdisziplin. Erinnern wir uns kurz an einige eklatante Fallbeispiele des Scheiterns aus der Dotcom-Blase der Jahrtausendwende. Vereinzelt freilich einer zu vagen Aufbruchstimmung erlegen. Nicht immer waren das aber seichte «Luftnummern». Sie scheiterten manchmal, als sie unweigerlich auf (infra-)strukturelle Grenzen stiessen. In welchem Umfeld versuchten sich damals z.B. Start-ups zu Kryptowährungen wie Flooz in einem Wachstumswettrennen? Wir schreiben das Ende der 90er-Jahre. Damals entstand erstmals in der Geschichte die Möglichkeit, dass sich massenweise Computer rund um den Globus vernetzen konnten. Zunächst allerdings über Telefon, mit 56 Kilobytes pro Sekunde. Sie mögen sich vielleicht an den berüchtigten Einwahlton erinnern, und an die damals relativ instabilen Netzverbindungen. Kryptowährungen mögen damals als Spinnerei gewirkt haben, und vielleicht war diese Idee ihrer Zeit voraus. Aber es war wohl schlichtweg die fehlende digitale Infrastruktur und Rechenkapazität, die diesen Pionieren damals ein jähes Ende bereiteten. Viele Unternehmen, die damals in 5 Jahren Hype auf schiere Grösse und Wachstum setzten, ohne Blick auf Profitabilität, steuerten dann in den 10 Monaten nach der Jahrtausendwende krachend in den Untergang. Verbrannten Milliarden an locker finanziertem Kapital.
In diesen Zeiten entstanden auch Firmen wie amazon, Microsoft, Google, Apple oder Netscape. Player, die sich durch ihr aktives Bestreben nach einem tragfähigen und zugleich innovativen Geschäftsmodell auszeichneten. Die Ära der Digitalisierung ist zweifelsohne eine andere als jene der DotComs. In beiden Epochen aber sind Unternehmen gut beraten, toxische Blauäugigkeit zu vermeiden. Das Tulpenfieber des vagen «me too».
Die Investition in Ihre Digitalisierung muss für Ihr Unternehmen stimmen. Mit messbarem Ziel hinterlegt, passgenau ausgewählt, ausgestaltet und vorbereitet sein. Wie ist Ihr Unternehmen hierzu aufgestellt? Eine grobe Standortbestimmung ermöglicht Ihnen das beiliegende Schaubild zur Digitalisierungs-Rentabilität. Darin sind jene Aspekte hellblau hervorgehoben, bei denen in unserer Erfahrung in der Business-Realität von Digitalisierungsvorhaben vieler Unternehmen ungeplante Überraschungen aufkommen. Wie werthaltig sind Ihre zentralen Digitalisierungs-Initiativen?